Künstliche Intelligenz (KI / AI)
Roman Himmelberger, der Autor dieses Berichts, ist Studierender des eidgenössisch anerkannten und Online-Nachdiplomstudiengangs «Dipl. Digital Innovation Manager NDS HF» der Höheren Fachschule der BVS St. Gallen.
Einleitung
Regelmässig lesen und hören wir heutzutage von der «Künstlichen Intelligenz», «KI», «AI» und dem Begriff «Maschinelles Lernen». In diesem Blogbeitrag möchte ich euch einen Überblick geben, was mit der «Künstlichen Intelligenz», kurz der «KI» gemeint ist und wo auch ihr täglich damit konfrontiert werdet, bewusst oder unbewusst.
Wem der Begriff «Künstliche Intelligenz» nicht viel sagt, dem bleibt viel Raum für Fantasie offen. Laut einer im September 2020 veröffentlichten Umfrage von Bitkom Research gaben 2017 22% der Befragten an, noch nie etwas vom Begriff Künstliche Intelligenz gelesen oder gehört zu haben. 2020 waren es lediglich noch 5%. Dies zeigt, wie die Gesellschaft immer mehr mit dem Thema in Berührung kommt.
Vergleicht man 10 Definitionen von KI, erhält man 10 unterschiedliche Umschreibungen. Eine kurze, aber wie ich finde, sehr treffende Definition zitierte einst der US-amerikanische Programmierer John McCarthy.
«Ziel der KI ist es, Maschinen zu entwickeln, die sich verhalten,
als verfügten sie über Intelligenz.»
John McCarthy
Selbst bei der umfassendsten Online-Enzyklopädie Wikipedia wird bei der Definition angefügt, dass der Begriff KI schwer definierbar ist, «da es bereits an einer genauen Definition von „Intelligenz“ mangelt».
Definition Wikipedia:
Künstliche Intelligenz (KI), auch artifizielle Intelligenz (AI bzw. A. I.), englisch artificial intelligence (AI bzw. A. I.) ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen befasst.
QUELLE: HTTPS://DE.WIKIPEDIA.ORG/
Bei meiner Google-Recherche bin ich weiter über die folgende aufschlussreiche Formulierung gestossen:
«Künstliche Intelligenz ist der Überbegriff für Anwendungen, bei denen Maschinen menschenähnliche Intelligenzleistungen wie Lernen, Urteilen und Problemlösen erbringen.»
QUELLE: HTTPS://NEWS.SAP.COM/GERMANY/2018/03/WAS-IST-KUENSTLICHE-INTELLIGENZ/
In letzterer Definition werden die Begriffe «Lernen, Urteilen und Problemlösen» genannt, welche bei der KI eine elementare Rolle spielen. Gehen wir nun noch einen Schritt weiter und brechen KI auf ihre Bestandteile runter.
Machine Learning, Deep Learning und künstliche Neuronale Netzwerke
1956 prägt der US-amerikanische Programmierer John McCarthy an einer Konferenz in den USA erstmals den Begriff «Künstliche Intelligenz». Häufig wird KI mit «Machine Learning» (zu Deutsch: maschinellem Lernen) gleichgesetzt. Das Machine Learning ist jedoch nur Bestandteil der KI und wurde erstmals Anfang der 80-iger Jahre verwendet.
Machine Learning ist ein Verfahren, das einen Algorithmus nutzt, um Daten zu analysieren, von ihnen zu lernen und darüber eine Aus- oder Vorhersage zu treffen.
Beim Machine Learning unterscheidet man wiederum zwischen:
- Supervised Learning (Überwachtes Lernen)
- Unsupervised Learning (Unüberwachtes Lernen)
- Reinforcement Learning (Verstärkendes Lernen)
Ein weiterer Begriff als Teil des Machine Learning ist das «Deep Learning». Deep Learning bedient sich der Technologie «künstlicher neuronaler Netzwerke» und ist, umgangssprachlich ausgedrückt, intelligenter als das konventionelle Machine Learning. Während beim Machine Learning der Programmierer gewisse Anpassungen noch selbst vornehmen muss, bestimmen beim Deep Learning die Algorithmen des neuronalen Netzwerks eigenständig, ob die Prognose richtig oder falsch ist.
Schwache KI / starke KI / Künstliche Superintelligenz
Übergeordnet lässt sich die KI nochmals unterteilen. Die «Schwache KI» ist Stand heute auf der Technologie, wie sie vorhin beschrieben wurde. Sie unterstützt uns bereits in diversen Prozessen, ist jedoch noch weit weg von der menschlichen Intelligenz. Als starke KI wird jene Intelligenz bezeichnet, welche dem Erdenbürger ebenbürtig wäre. Die künstliche Superintelligenz würde unsere Intelligenz gar übertreffen. Es gibt sie jedoch lediglich in Science-Fiction Filmen und ist leider oft die Nahrung für KI-Skeptiker.
Was Eliza, Watson und Siri gemeinsam haben
Eingangs des Blogs habe ich behauptet, dass auch ihr täglich mit KI konfrontiert werdet. Ihr werdet erstaunt sein, wie breit das Anwendungsgebiet von KI mittlerweile ist. Auch die Geschwindigkeit der Entwicklung neuer Einsatzmöglichkeiten hat enorm zugenommen. Bis ins Jahr 2000 lagen durchschnittlich zirka zehn Jahre zwischen Meilensteinen der KI.
- 1966 – «Eliza», die Geburt des ersten Chatbots
- 1997 –Schachcomputer «Deep Blue» schlägt den Schachweltmeister
- 2011 – KI «Watson» von IBM gewinnt eine TV-Quizshow
Gemäss der Studie von Bitkom Research 2020 sind das die am häufigsten benutzten KI-Anwendungen im Alltag:
- Textvorschläge beim Nachrichten schreiben
- Routenvorschläge (Navigationsgeräte, Google Maps …)
- Sprachassistenten (Siri, Cortana, Alex…)
- Empfehlungen bei E-Shops, Online-Musik- und Videostreaming
- Automatische Sprachübersetzungen
- Fahrassistenzsysteme
- Gesichtserkennung (Entsperrung Smartphone, Fotosuche…)
KI in der Medizin, beim autonomen Fahren und Covid-19
In der Medizin ist KI bereits heute erfolgreich im Einsatz. KI-Systeme unterstützen die Ärzte unter anderem bei der Erkennung von Krebsgewebe. Eine Studie der Radboud University kann belegen, dass das beste KI-System bei der Beurteilung von Gewebeproben eine nahezu einhundertprozentige Erkennungsgenauigkeit erreichte und 7 von 32 Systemen die Proben besser beurteilten als die Pathologen-Gruppe.
Allgegenwärtig ist derzeit auch das Thema autonomes Fahren. Die amerikanischen Unternehmen Tesla und Waymo, eine Tochtergesellschaft von Alphabet, sind bei der Entwicklung dieser Technologie führend. KI-Systeme bilden dabei den Kern dieser Technologie und ermöglichen die Fähigkeiten, im Strassenverkehr sicher zu navigieren. Die Entwickler trainieren dabei die KI mit umfänglichen Datensätzen, damit die Fahrzeuge beispielsweise bei unvorhergesehenen Ereignissen, wie ein abruptes Bremsen eines anderen Autos, sicher und schnell reagieren.
Ebenso brandaktuell ist der Einsatz von KI bei der Bekämpfung von Covid-19. Bosch bietet derzeit einen Schnelltest an, der mit KI-Verfahren noch genauer und schneller gemacht werden kann.
KI als Teil des Customer-Relationship-Managements
Zu den Zeiten vor dem Computer war der Fokus des Verkaufens und Beratens auf den persönlichen und telefonischen Kontakt gerichtet. Erst in den späten Achtzigern kamen die ersten CRM-Systeme (CRM = Customer-Relationship-Management) auf den Markt. Diese ermöglichten eine systematische Standardisierung der Vertriebsprozesse. Administrative Abläufe können durch CRM-Systeme effizienter gestaltet und teils automatisiert werden.
Die wichtigsten Funktionen welche ein CRM-Systeme erfüllt:
- Kundenjournal (vollständige Dokumentation aller Interaktionen mit Kunden)
- Kundensegmentierung für Marketingzwecke
- Abbildung der Kundenakquise
- Verwaltung von E-Mails, Aufgaben und Terminen
- Dedizierte Auswertungen rund um Zielgruppen, Marketing, Vertriebsperformance und Kundenzufriedenheit im Service
Das CRM der Zukunft, KI-unterstützt
Das ist, wenn man 30 Jahre zurückschaut, schon unglaublich viel an Funktionalität und Unterstützung. Doch wie könnte das CRM der Zukunft ausschauen?
Auswertungen sind an der Tagesordnung, können sortiert und filtriert werden. Doch schlussendlich liegt die Auswertung der Daten sowie die daraus abgeleiteten Entscheidungen und Massnahmen an uns. Und hier kommt die KI ins Spiel.
«Das CRM bietet mit der Vielfalt an Daten die perfekte Grundlage, um mit einem KI-System Verkaufsprozesse zu optimieren.»
Was wenn wir bei den folgenden Entscheidungsprozessen auf die Empfehlung der KI zurückgreifen könnten?
- Auswertung der Potentiale von Kundenbeziehungen und die daraus folgende Priorisierung sowie geeignete Massnahmen
- Personalisierung der Customer Journey, Empfehlung, welches Produkt zu welchem Zeitpunkt mit welchem Kommunikationsmittel angeboten wird
- Erkennung von Umsatzpotentialen der Kunden und daraus Empfehlungen für geeignete Cross- und Up-Selling Massnahmen
Grosses Potential beim Fehlen von Erfahrungswerten
Interessant sind dabei insbesondere neue Interessenten und Kunden, bei denen der Kontakt neu ist und man noch wenig auf die Erfahrung zurückgreifen kann. Hier zählte bisher das Gespür, die Intuition des Verkäufers. Und genau an dieser Stelle, am Anfang der Customer Journey, sehe ich ein grosses Potential für den Einsatz von KI.
Bisher haben wir nur darüber gesprochen, Empfehlungen und Entscheidungsgrundlagen von dem KI-unterstützten CRM-System zu erhalten. Ist das KI-System einmal erfolgreich trainiert, können gewisse Entscheidungen an das CRM delegiert werden. Dies wiederum ermöglicht einen automatisierten Teilprozess.
Höchstwahrscheinlicher Kaufabschluss durch automatisierte Angebotserstellung
Wir beschreiben ein mögliches Szenario am Beispiel einer Angebotserstellung. Das KI-System entscheidet autonom über die Preisgestaltung und Konditionen in einem Angebot für einen bestimmten Kunden. Dabei verwendet es die verfügbaren Daten des CRM wie Kundensegmentierung, Customer Journey des Kunden, Preissensitivität, Wettbewerb, angebotene Produkte etc. und hinterlegt dem Angebot jene Preise und Konditionen, bei denen die KI den wahrscheinlichsten Kaufabschluss erwartet.
Weiterführend könnte das Anschreiben durch die KI personalisiert werden oder im besten Fall könnte eine komplette automatisierte Angebotsstellung mit anschliessendem Versand an den Kunden erfolgen.
Dies ist lediglich ein mögliches Szenario und nur im Zusammenhang mit einem CRM. Da drängt sich der Gedanke auf, auch ein ERP-System mit Intelligenz zu versehen.
«Ein ERP-System mit einer umfassenden Datenbasis bietet noch weit mehr Potential, um KI einzusetzen»
Insbesondere bei der Materialwirtschaft und Finanzplanung, um mögliche Engpässe vorauszusehen, in der Produktion die Ressourcen zu optimieren oder im After Sales Geschäft kritische Maschinenstillstände zu vermeiden.
Ein Blick in die Zukunft
Wie wir nun festgestellt haben, steht die Künstliche Intelligenz noch ziemlich am Anfang ihres gesamten Innovationspotential. Mögliche Szenarien durch die Unterstützung von KI in den nächsten fünfzig Jahren könnten sein:
- Auf unseren Strassen bewegen sich nur noch autonome Fahrzeuge
- AR/VR-Brillen (Augmented-/Virtual-Reality) und Kopfhörer werden durch computergesteuerte Implantate abgelöst
- Der Produktions-, Landwirtschafts- und Transportsektor funktionieren ausschliesslich automatisch
- Menschen verbringen die meiste Zeit in einer VR-Umgebung
- Die künstliche Superintelligenz übertrumpft die menschliche Intelligenz
Was auch immer uns die Zukunft bringt, die KI ist schon heute in vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken. Ich hoffe, dieser Beitrag hat eure Neugier über Künstliche Intelligenz geweckt. Und wenn ihr künftig mit neuen Technologien in Berührung kommt, werdet ihr euch nun bestimmt häufiger die Frage stellen, ob diese KI-unterstützt ist oder (noch) nicht.